Mittwoch, 4. September 2019

Das Bildungssystem von Paraguay sieht auf den ersten Blick unserem recht ähnlich: Auch hier gibt es eine neunjährige Schulpflicht für alle und den Sekundärbereich bis zur 12. Klasse, deren Abschluss zum Studium berechtigt. Beim zweiten Hinsehen offenbaren sich aber auch Unterschiede.

Schule oder Arbeit?

Viele Schulpflichtige verlassen hier die Schule vorzeitig, da ihre Familien darauf angewiesen sind, dass auch die Kinder baldmöglichst einen finanziellen Beitrag zur Versorgung leisten. Einen höheren Schulabschluss erreichen daher nur relativ wenige. Bei den Indigenen erfuhren wir, dass viele Kinder nur drei oder vier Jahre auf der Schule waren. Das erschwert bzw. verhindert natürlich auch ihren sozialen Aufstieg.

Colegio Politécnico Johannes Gutenberg

Neben den staatlichen Schulen gibt es inzwischen in Paraguay auch eine ganze Reihe von Privatschulen; ich hatte die Möglichkeit, mir die direkt neben der Universität gelegene Privatschule „Johannes Gutenberg“ anzusehen. Hier gehen fast 1500 Kinder in den Kindergarten oder in die Schule, die bis zur 12. Klasse reicht; damit ist dies die größte Privatschule Paraguays. Neben dem Schulbetrieb bietet das Colegio in Asuncion auch soziale und medizinische Dienste an, z.B. eine Frühförderung für Kindergartenkinder, (zahn-)ärztliche Behandlungen oder auch die Möglichkeit zu Gesprächen mit Psychologen und Seelsorgern.

Die Bibliothekarin der Schulbibliothek.

Schon beim Betreten der Schule fiel mir auf, dass hier viele Schüler schwarz-rot-goldene Jacken oder Hemden tragen. In der Bibliothek traute ich mich schließlich die Leiterin anzusprechen und danach zu fragen. Die Erklärung ist einfach: Die Schule wurde maßgeblich mit Unterstützung des Deutschen Kinderwerks Lima aufgebaut, das ähnliche Projekte auch in Peru’s Hauptstadt betreibt. Mehr Infos dazu unter https://kinderwerk-lima.de/paraguay/asuncion-schule/

In den Schulklassen der zweiten Sekundarstufe (10. bis 12. Klasse) erhalten die Schüler unter anderem praxisorientierten Unterricht zur Vorbereitung auf einen Beruf oder das Studium. Auch hier konnte ich ein erstaunlich hohes Niveau antreffen.

Ausbildungsklasse Technik, Mechanik und Metallverarbeitung

Im einen Zweig lernen die Schüler z.B. Metallverarbeitung, zum Teil an großen Maschinen aus Deutschland, bis hin zur CNC-Programmierung.

Hier wird Modellkleidung geschneidert.

Die Mädchen im Textilzweig lernen Nähen und Schneidern und hatten zum Teil sehr modische und auch extravagante Kleider hergestellt.

Diese junge Dame ist mit Näharbeiten beschäftigt.

Auch hier steht eine recht hochwertige Ausstattung in den Lehrräumen zur Verfügung und die Klassengrößen sind mit ca. 20 bis 25 Schülern durchaus überschaubar.

Eine staatliche Schule habe ich nicht von innen gesehen und mir wurde auch erklärt, dass diese über die Grenzen von Paraguay hinaus bekannte Privatschule nicht mit einer solchen verglichen werden kann. Am Ende dieses Besuchs bleibt mir aber der Eindruck, dass jeder gespendete Euro, der in dieses Privatschulprojekt geflossen ist, eine ausgezeichnete Investition in die Bildung und Zukunft junger Menschen darstellt. Diese Erkenntnis könnte auch bei uns zuhause noch viel mehr wachsen.